Infrastruktur | 28. Februar 2020

Antrieb für die rollende Rennstrecke

Frequenzumrichter für Highspeed-Stahlband   

Im Windkanal der Sauber Aerodynamik AG in Hinwil simuliert ein Stahlband in Endlosschleife die Piste unter den Boliden – bis zu 300 km/h schnell. Für den Antrieb dieser «rollenden Strasse» wurde nun ein Frequenzumrichter von ABB eingesetzt.

Der Aerodynamik kommt im Autorennsport entscheidende Bedeutung zu. Der Luftwiderstand soll möglichst klein, die Anpresskraft aber möglichst gross sein. So können die Boliden auch in den Kurven hohe Tempi fahren, ohne dass sie die Zentrifugalkraft von der Piste schleudert. Jedes Detail am Chassis und vor allem am Unterboden spielt dabei eine Rolle.

«Den Frequenzumrichter von ABB haben wir in der regulären zweiwöchigen Revisionsphase im Sommer 2019 eingebaut. Seither läuft er einwandfrei.»

Die Sauber Aerodynamik AG betreibt in Hinwil einen Windkanal, um diese hohen Geschwindigkeiten simulieren zu können und genaueste Messungen vorzunehmen. Dafür braucht es einen mächtigen Ventilator, der die Luft auf bis zu 300 km/h beschleunigt. Seit einem Retrofit im Jahr 2018 wird der 3-MW-Motor für diesen Ventilator von einem ABB-Mittelspannungsfrequenzumrichter ACS1000 angetrieben.

Das Simulieren des Luftwiderstandes reicht aber noch nicht aus, um die auftretenden Kräfte realitätsnah genug nachzubilden. Komplett wird die Simulation erst mit einer «rollenden Strasse», auf der sich die Räder drehen und die die relative Geschwindigkeit zwischen Unterboden und Strassenoberfläche nachahmt – zumal rotierende Reifen insbesondere bei der offenen Bauweise der Formel-1-Autos ein bedeutender Faktor bei der Luftverwirbelung sind.

In Hinwil hat Sauber dafür im Jahr 2003 – als der Windkanalkomplex für insgesamt rund CHF 70 Mio. erstellt wurde – eine besonders lange und breite «rollende Strasse» eines führenden US-amerikanischen Herstellers eingebaut. Die «Strasse» mit einer nutzbaren Länge von 9 m besteht aus einem 3,2 m breiten Stahlband, das lediglich einen Millimeter dick ist. Sie kann bis auf 300 km/h beschleunigt werden, synchron zur Windgeschwindigkeit. «Der Frequenzumrichter, der den Elektromotor für diese ‹rollende Strasse› angetrieben hatte, kam ans Ende seiner technischen Lebenserwartung», erklärt Thomas Furrer, verantwortlich für Betrieb, Unterhalt und Weiterentwicklung des Windkanals bei der Sauber Aerodynamik AG. Es wurde zunehmend schwieriger, den Service zu leisten und Ersatzteile zu finden.

Bei der Suche nach Ersatz fiel die Wahl rasch auf eine ABB-Lösung. «Wir haben hier am Standort gute Erfahrungen mit rund 30 Niederspannungsdrives von ABB für Pumpen- und Lüfteranwendungen gesammelt. Auch der Mittelspannungsumrichter ACS1000 für das Ventilationssystem des Windkanals hat unsere Erwartungen erfüllt», so Furrer.

Platzsparender ABB-Frequenzumrichter

Für den Antrieb der «rollenden Strasse» fiel die Wahl, auf Empfehlung des ABB-Verkaufsingenieurs Benjamin Hoffmann, auf einen ACS880-17. Er steuert die Leistung des 355-kW-Motors punktgenau. Dieser kompakte Niederspannungs frequenzumrichter baut auf der bewährten Antriebsarchitektur von ABB auf, hat eine direkte Drehmomentregelung standardmässig eingebaut, weist eine gute Toleranz gegenüber Vibrationen auf und ist rückspeisefähig, was die Energieeffizienz erhöht. «Den haben wir in der regulären zweiwöchigen Revisionsphase im Sommer 2019 eingebaut und in Betrieb genommen. Seither läuft er einwandfrei.»

«Technisch bedingte Stillstandszeiten müssen auf das absolute Minimum begrenzt werden.»

Der Windkanal in Hinwil wird im Zwei- und bisweilen auch Dreischichtbetrieb genutzt, vorwiegend für das eigene Formel-1-Team, aber auch für Drittaufträge aus dem Motorsportbereich. So kommt einiges an Leistung zusammen. Insgesamt liefen die Stahlbänder seit Eröffnung des Windkanals etwa 5 Mio. km, wobei ein Stahlband – mit Revision – rund 1 Mio. km hält. Dabei wird es nicht einfach zwischen zwei Rollen gespannt, sondern es schwebt auf einem «Luftlager»: Im Betrieb wird permanent Luft mit hohem Druck durch ein poröses Material unter dem Stahlband gepresst – und gleich wieder mit Vakuumpumpen abgesaugt, um keine Luftblase entstehen zu lassen. So kann das Rennauto mit seinem ganzen statischen Gewicht – und dem Anpressdruck, der bei hohen Tempi vielfach höhere Kräfte ausübt – problemlos auf dem Stahlband rollen.

In den Tests sind Modelle im Einsatz, die 60 % der Originalgrösse aufweisen. Auf der vergleichsweise langen «rollenden Strasse» lassen sich davon zwei hintereinander anordnen, um den Einfluss von Luftverwirbelungen durch das vorne fahrende Fahrzeug zu eruieren. Zudem können die Testobjekte nicht nur frontal, sondern auch leicht schräg angeströmt werden, da sich die gesamte Messplattform um bis zu 10° drehen lässt.

«Die Verfügbarkeit unserer Testanlagen hier in Hinwil ist für uns von grösster Bedeutung», so Furrer. «Technisch bedingte Stillstandszeiten müssen auf das absolute Minimum begrenzt werden. Entsprechend grossen Wert legen wir auf die Qualität unseres Equipments und den Service dafür.» Der ACS880 von ABB für den Antrieb der «rollenden Strasse» sei daher die richtige Wahl gewesen.

Weitere Infos: benjamin.hoffmann@ch.abb.com