Infrastruktur, Verkehr | 7. August 2019

Spannend soll nur der Ausflug sein

Sicher auf die Rigi

Die Rigi ist der Pionierberg des Alpentourismus. Um den Ausflug auf die «Königin der Berge» so sicher wie nur möglich zu gestalten, hat die RIGI BAHNEN AG nun Niederspannungsbegrenzer von ABB eingesetzt. Diese verhindern eine mögliche Gefährdung von Personen bei einem Oberleitungsbruch – ohne anfällig auf Blitzschläge zu sein.

Die Rigi – pittoresk zwischen Zuger-, Vierwaldstätter- und Lauerzersee gelegen – weist seit 1871 internationale Strahlkraft auf. Die erste Bergbahn Europas fuhr von Vitznau nach Rigi Staffelhöhe, zwei Jahre später auch zur Gipfelstation Kulm. 1875 folgte die Erschliessung auf der Ostseite mit der Eröffnung der damaligen Arth-Goldau-Rigi-Bahn. 1992 fusionierten die beiden zur RIGI BAHNEN AG.
Schon an der Talstation ist der Hochperron in Goldau aus dem späten 19. Jahrhundert ein Hingucker. Das stählerne Architekturjuwel wurde von 2010 bis 2017 aufwendig renoviert. In diese Zeitspanne fiel zudem die Erneuerung der Gleichrichteranlage in Goldau. «Im Zuge dieser Investitionen gaben wir auch ein Erdungskonzept in Auftrag», sagt Michael Lang, Leiter Bahninfrastruktur der RIGI BAHNEN AG.

«Die Niederspannungsbegrenzer sind eine ‹Versicherung› gegen den schlimmstmöglichen Zufall.»

Menschen schützen

Was ist die Grundidee dahinter? Die Bahnen auf die Rigi werden mit Gleichstrom betrieben, der eine Spannung von 1500 V aufweist. Zur Vermeidung der sogenannten Streustromkorrosion sind die Gleise isoliert verlegt, also ohne fixe Erdung. Wenn nun bei einem Oberleitungsbruch die Fahrleitung auf eine Schiene fällt, kann sich eine lebensbedrohlich hohe Berührungsspannung zwischen den Geleisen und den angrenzenden metallischen Strukturen beziehungsweise dem Boden aufbauen – potenziell letal, wenn ein Mensch sie berührt. «Fahrleitungsbrüche kommen höchst selten vor. Und natürlich wäre es wirklich Pech, wenn die Leitungen dann noch so fallen würden, dass sie die Geleise unter Strom setzen», so Lang. «Aber das lässt sich nicht 100%ig ausschliessen. Und Personensicherheit ist das höchste Gebot bei den RIGIBAHNEN.» An der waldigen, dem Wetter ausgesetzten Rigi kam es in den vergangenen Jahren tatsächlich schon zu drei Fahrleitungsbrüchen. «Die Niederspannungsbegrenzer sind eine ‹Versicherung› gegen den schlimmstmöglichen Zufall, dass sich genau in dem Zeitfenster Personen in der Nähe befinden, wenn der Fahrdraht mit der Schiene in Kontakt kommt.»
Der Grenzwert für eine lebensbedrohliche Situation liegt bei Gleichspannung bei 120 V. Ein konventioneller Niederspannungsbegrenzer wird als passives Schutzgerät zwischen Fahrschiene und Erde installiert. Im Normalzustand leiten die zwei gegenüberliegenden Elektroden nicht. Beim Übersteigen eines Maximalwertes der Spannung (120 V) verschmelzen die Elektroden bei konventionellen Begrenzern und bilden so einen bleibenden Kurzschluss.
Doch was passiert, wenn ein Blitz einschlägt? «Auch dann kann ein konventioneller Begrenzer in den bleibenden Leitzustand versetzt werden, ohne dass der Bahnbetreiber das merkt. Damit wird das Geleise geerdet; Streustromkorrosion tritt auf», erklärt Hekuran Stojkaj, zuständiger Verkaufsingenieur von ABB Schweiz.

«Die Furrer+Frey AG hat uns den Einsatz der HVL von ABB als Spannungsbegrenzer empfohlen. Auch uns hat das Konzept überzeugt.»

In Wettingen entwickelt

Dafür hat ABB am Standort Wettingen, dem Kompetenzzentrum für Metalloxid-Ableiter, den «Hybrid Voltage Limiter» (HVL) entwickelt. Er vereint als – reversibler – Niederspannungsbegrenzer den geforderten Personenschutz und den Schutz der Anlage gegen Blitz- und Schaltüberspannungen in einem Gerät.

Das funktioniert so: Der HVL besteht aus einer Parallelschaltung eines Metalloxid-Widerstands mit zwei antiparallel geschalteten Thyristoren. Der Metalloxid-Widerstand übernimmt den Schutz gegen kurzzeitige Überspannungen, wie sie beispielsweise bei Blitzeinschlag auftreten können. Länger andauernde Überspannungen können vom Metalloxid-Varistor aus energetischen Gründen nicht begrenzt werden. Hier übernehmen die Thyristoren, welche den Metalloxid-Varistor zeitlich verzögert überbrücken und so vor thermischer Überlastung schützen. Dauert die Überspannung länger als einige Hundert Mikrosekunden an, wird einer der beiden Thyristoren gezündet und übernimmt den Stromfluss.

«Die Furrer+Frey AG hat uns den Einsatz der HVL von ABB als Spannungsbegrenzer empfohlen. Auch uns hat das Konzept überzeugt», erklärt Albin von Rickenbach, Projektleiter Bahninfrastruktur der RIGI BAHNEN AG. «Wir haben die HVL entlang der Strecke von Goldau bis Rigi Kulm installiert, jeweils bei den Haltestellen, wo sich am meisten Personen aufhalten. Damit wirken die hybriden Spannungsbegrenzer von ABB als Versicherung gegen Personengefährdungen durch elektrische Zwischenfälle entlang der Geleise. Somit bleibt die Spannung auf das Ausflugserlebnis und das sich eröffnende einmalige Panorama begrenzt.»