Infrastruktur | 1. Februar 2022

Winterstrom aus der grössten alpinen Solaranlage der Schweiz

An der Staumauer des Muttsees in den Glarner Alpen realisieren Axpo und IWB die grösste alpine Solaranlage der Schweiz. Sie wurde im Oktober 2021 teilweise in Betrieb genommen. Discounter Denner nimmt den gesamten hier produzierten Solarstrom ab. ABB sorgt für die sichere Energieverteilung in diesem Pionierprojekt.

Die Schweiz produziert im Winter deutlich weniger Strom als sie verbraucht und ist auf Importstrom angewiesen. Diese grösser werdende Lücke zu schliessen, dürfte in den nächsten Jahren immer schwieriger werden, wenn im In- und Ausland Kern- und Kohlekraftwerke vom Netz genommen werden.

Höchstgelegene Staumauer Europas

Innovative Lösungen, die im Winter zusätzlichen Strom aus erneuerbaren Quellen liefern, sind daher gefragt. Die Anlage AlpinSolar von Axpo und IWB, dem Energieversorger des Kantons Basel-Stadt, ist ein solches Leuchtturmprojekt. Die Staumauer auf 2500 Meter über Meer ist Teil des Pumpspeicherwerks Limmern in den Glarner Alpen und die höchstgelegene Staumauer Europas. Da die Anlage an einer bestehenden Staumauer realisiert wurde, ist AlpinSolarweit umweltverträglicher als ein Solarkraftwerk, das auf der sprichwörtlichen grünen Wiese erstellt wird.

Das alpine Solarkraftwerk beim Muttsee wurde im Oktober 2021 teilweise in Betrieb genommen (Foto: AlpinSolar)

«Leider sind solche Anlagen aufgrund der fehlenden Rahmenbedingungen heute noch kaum wirtschaftlich realisierbar, so auch dieses Projekt», sagt Axpo CEO Christoph Brand. «Wir haben uns dennoch mit starken Partnern dazu entschieden, dieses Leuchtturmprojekt zu realisieren, ein Zeichen zu setzen und so die Energiewende in der Schweiz einen Schritt vorwärtszubringen. Wir sehen das Projekt auch als wichtigen Diskussionsbeitrag für die anstehenden Gesetzesrevisionen.» Denner unterstützt das Projekt und nimmt den Solarstrom über die nächsten 20 Jahre ab.

5000 Solarmodule auf 10’000 Quadratmetern

Im Sommer 2021 wurde die grosse Staumauer mit rund 5000 Solarmodulen ausgerüstet. Dank der optimalen Ausrichtung nach Süden sollen nach der vollständigen Inbetriebnahme im August 2022 so jährlich rund 3,3 Gigawattstunden Strom produziert werden. Dies entspricht dem Verbrauch von rund 740 Vierpersonenhaushalten.

Rund 5000 bereits vorverkabelte und anschlussbereite Modultische aus Aluminium werden auf der Stahlunterkonstruktion befestigt. (Foto: AlpinSolar)

Solaranlagen bevorzugen Kälte

Tiefe Temperaturen sorgen für einen höheren Wirkungsgrad bei Solarmodulen. Da diese hier oft über der Nebeldecke liegen und somit stärkerer Sonneneinstrahlung ausgesetzt sind, ist die Anlage beim Muttsee besonders effektiv und liefert fast die Hälfte ihrer Produktion im Winterhalbjahr. Bei Solaranlagen im Unterland sind es im Vergleich nur rund ein Viertel der Stromproduktion.

Besondere Herausforderungen

Die abgelegene hochalpine Lage erforderte eine gute Baulogistik und einen minutiös geplanten Montageablauf. Die Anlagenteile müssen aber auch so gebaut sein, dass sie den harschen Bedingungen am Berg für mindestens 30 Jahre standhalten können. «Insbesondere die tiefen Temperaturen, die Schneemengen und die erhöhte UV-Strahlung machen das Bauprojekt sehr anspruchsvoll», so Claudius Bösiger, Geschäftsleiter Planeco, der mit seinem Team die Bauarbeiten ausführte.

Die speziellen Bedingungen auf 2500 Meter über Meer erforderten eine minutiöse Planung und Vorbereitung.

ABB sorgt für sichere Energieverteilung

Auch im Bereich der Energieverteilung wurde nach einer klimaunabhängigen Lösung gesucht, die auf dieser Höhe eingesetzt werden kann. Die kompakte gasisolierte Mittelspannungs-Schaltanlage SafePlus von ABB kommt überall dort zum Einsatz, wo zuverlässige und robuste Lösungen mit wenig Platz auskommen müssen. Die hohe Flexibilität der Anlage sowie die langjährige gute Zusammenarbeit mit Axpo haben den Kunden schlussendlich überzeugt.

Die beim Muttsee installierte gasisolierte Mittelspannungs-Schaltanlage SafePlus von ABB.

Minutiöse Vorbereitung als Schlüssel zum Erfolg

Die 1800 Kilogramm schwere Anlage musste, wie auch das restliche Material und das Personal, mit dem Helikopter zur Staumauer transportiert werden. Dieser konnte jedoch nur bei gutem Wetter fliegen, was die Planung der Montage und Inbetriebnahme daher zusätzlich erschwerte, denn: ohne Helikopter keine Arbeit.

«Minutiöses Arbeiten war schon in der Planungsphase gefragt», so Reto Eichenberger, ABB-Projektleiter. Vom richtigen Material über eine helikopterfähige Verpackung bis hin zum passenden Werkzeug musste alles durchgeplant sein, denn spontanes Reagieren war auf dieser Höhe kaum möglich und hätte jedes Mal zwei kostenintensive Helikopterflüge verursacht.

Nur gemeinsam möglich

Die Anlage im Glarnerland zeigt, dass die Energiewende möglich ist. Diese erfordert jedoch wegweisende technische Lösungen sowie vereinte Kräfte, denn solche Projekte sind nur gemeinsam zu bewältigen.