Industrie | 4. April 2023

Das Mehl für das tägliche Brot vieler wird in Zürich gemahlen

Swissmill setzt auf effiziente ABB-Motoren mit smarten Sensoren

Im Zürcher Industriequartier verarbeitet Swissmill rund 30 Prozent des Getreides, das in der Schweiz für Nahrungsmittel benötigt wird. Die grösste Schweizer Mühle setzt bei der Erneuerung ihrer Walzenstühle auf energieeffiziente Motoren von ABB, die mit Smart Sensors überwacht werden.

Das Kornhaus von Swissmill ist in Zürich unübersehbar: Mit 118 Metern ist es das zweithöchste Gebäude der grössten Schweizer Stadt und der höchste Kornspeicher weltweit. 35‘000 Tonnen Getreide kann er fassen. Es dient auch als Pflichtlager und könnte in Bevölkerung im Raum Zürich während vier Monaten mit Mehl und weiteren Getreideprodukten versorgen.

Kornhaus von Swissmill ist das zweithöchste Gebäude in der Stadt Zürich
Das Zürcher Kornhaus ist der höchste Kornspeicher der Welt.

Über fünf Etagen von grob zu fein

Nicht weniger eindrücklich sind die technischen Anlagen des eigentlichen Mühlenbetriebs im angrenzenden Gebäude. Nach dem Reinigen des Getreides wechseln sich Mahlen und Sieben ab, in zahlreichen wiederholten Arbeitsgängen – von grob zu fein. Dafür wird das Mahlgut über ganze fünf Stockwerke hinweg pneumatisch in Rohrsystemen gefördert.

Das Mahlen erledigen unten die Walzenstühle: Walzenpaare mit unterschiedlicher Geschwindigkeit brechen Schalen und Korn auf, glatte Walzen vermahlen den Kern. Dabei entstehen jeweils Zwischenprodukte mit unterschiedlich grossen Kornteilen.

Insgesamt sechs Mühlen mit rund 1500 Motoren

Diese werden in Rohren hoch zu den sogenannten Plansichtern geblasen. In schwingenden Sieben sortieren sie Schrot, gröberes sowie feineres Gries und trennen es vom Mehl. In einer Etage darunter sind Griessputzmaschinen installiert, die ebenfalls dem Sieben und Sortieren dienen.

Haben etwas Hypnotisches: schwingende Plansichter bei Swissmill.

Dabei stehen bei Swissmill gleich sechs Mühlen in Betrieb: zwei Mühlen für Weichweizen, je eine für Hartweizen, Mais und Hafer sowie eine Spezialitätenmühle. «Hier haben wir rund 1500 Elektromotoren installiert, etwa drei Viertel davon haben ABB beziehungsweise BBC geliefert», so Simon Künzle, Leiter Technik bei Swissmill.

Fast ein Drittel der Schweizer Mahlkapazität

Swissmill gehört zur Coop-Gruppe. Ein Drittel des hier gemahlenen Getreides ist für Produkte des Schweizer Detailhandelsriesen bestimmt. Zwei Drittel gehen an weitere Kunden. «Das hier ist der grösste Müllereibetrieb der Schweiz», erklärt Künzle. «Fast ein Drittel des gesamten verarbeiteten Getreides für Lebensmittel in der Schweiz läuft hier über unsere Maschinen.» Es stammt zu etwa 60 Prozent aus dem Inland. Swissmill beschäftigt heute rund 90 Mitarbeitende. Bereits 1843 ging hier an der Limmat die erste Mühle in Betrieb – damals noch ausserhalb der Kernstadt, heute als einer der letzten grossen industriellen Betriebe im Industriequartier Zürichs.

 

«Hier haben wir rund 1500 Elektromotoren installiert, etwa drei Viertel davon haben ABB beziehungsweise BBC geliefert.»

«Die Verfügbarkeit unserer Anlagen hat für uns höchste Priorität», erläutert Künzle. Wenn ein knappes Drittel der Schweizer Mahlkapazität ausfallen würde, hätte das einschneidende Folgen für die Nahrungsmittelversorgung hierzulande. Deshalb stehen am Standort auch stets Elektriker und Mechaniker auf Pikett bereit, sollten Pannen auftreten. Zahlreiche Elektromotoren stehen im Ersatzteillager auf Vorrat bereit.

Smart Sensors von ABB

«Besser ist es natürlich, wenn wir vor einem Ausfall intervenieren können, im Sinn der vorausschauenden Instandhaltung, die wir anstreben.» Für diese «Predictive Maintenance» setzte Swissmill vor einem Jahr Smart Sensors von ABB testhalber auf seit längerem installierten Motoren ein, um Erfahrungen mit ihnen zu sammeln. Die Sensoren erfassen Parameter wie etwa Temperatur oder Vibrationen und sammeln Daten zum Magnetfeld oder zu Geräuschen. Verkabelung ist keine nötig. Die Daten werden über ein ABB-Gateway oder ein Smartphone in die Cloud hochgeladen und dort analysiert. Bei Überschreitung vordefinierter Werte geben sie eine Warnmeldung heraus oder schlagen Alarm «Ein zukunftsweisendes Konzept mit Potenzial.»

Simon Künzle mit einem der neuen Motoren von ABB, die mit Smart Sensors ausgerüstet sind.

Nebst der Verfügbarkeit steht die Nachhaltigkeit in der Prioritätenliste von Swissmill weit oben. Für die Zürcher Bevölkerung ist dieses Engagement angesichts der grossflächigen Solarpanels auf der Südseite des Kornhauses sichtbar, eine von drei Solaranlagen des Standortes. Oder sie erfahren es, wenn zwei- bis dreimal täglich ein Güterzug über den Escher-Wyss-Platz zum Kornhaus fährt. Ganze 1500 Tonnen Getreide kommen so pro Tag in die Stadt. Bei der Getreideanlieferung setzt Swissmill seit Jahren konsequent auf die Bahn.

Alle 36 Walzenstühle mit je zwei Motoren erneuert

«Die Steigerung der Energieeffizienz unserer technischen Anlagen in der Mühle sind uns nicht minder wichtig», betont Künzle. Jeder Walzenstuhl wird mit zwei Elektromotoren im Leistungsbereich von 7,5 bis 22 Kilowatt betrieben. Und alle 36 Walzenstühle wurden in zwei Etappen erneuert.

Die neuen Walzenstühle von Bühler bei Swissmill.

«Natürlich wollten wir, gemeinsam mit unserem Technologiepartner Bühler, zu den neuen Walzenstühlen auch neue, möglichst energieeffiziente Motoren installieren», so Künzle. Dafür kontaktierte Swissmill ABB Schweiz. «Wir haben hier eine grosse installierte Basis von ABB-Motoren, die sehr zu unserer Zufriedenheit läuft. Vor allem schätzen wir die gute Betreuung durch die Fachleute von ABB Schweiz und deren rasche Rückmeldung, falls wir oder Partner für die Elektroinstallationen Fragen haben», begründet Künzle den Entscheid, auch bei den neuen Motoren auf ABB zu setzen.

Anwendung kommt ohne Frequenzumrichter aus

«Bei einer früheren Gelegenheit hatten wir Swissmill unsere Synchronreluktanzmotoren präsentiert, welche die höchste Effizienzklasse erreichen», so Huy-Hour Lor, Produktmanager Niederspannungsmotoren bei ABB Schweiz. «Die machen in Verbindung mit einem Frequenzumrichter Sinn. Doch die Motoren der Walzenstühle sind direkt ans Netz angeschlossen. Sie laufen stehts mit ihren durch die Polpaarzahl definierten Drehzahlen. Eine variable Umdrehungszahl ist in dieser Anwendung nicht vorgesehen, deshalb braucht es keinen Umrichter.»

Einblick in den Antrieb eines Walzenstuhls.

So standen bald Motoren mit Premium-Wirkungsgrad im Fokus, also der Effizienzklasse IE3. Und zur grösstmöglichen Sicherheit explosionsgeschützte (ATEX), um alle Eventualitäten im potenziell staubigen Mühlenumfeld zu berücksichtigen, auch wenn dafür in einem modernen Mühlenbetrieb keine Verpflichtung besteht.

ATEX-Motoren auf Energieeffizienz getrimmt

«Swissmill und ihrem Technologiepartner Bühler, der die Walzenstühle liefert und der direkte Kunde für unsere Motoren ist, war sehr an einem 1:1-Tausch der Motoren gelegen, damit das mechanische Set-Up nicht verändert werden muss», so Lor. «Deshalb haben wir unsere bestehenden ATEX-Motoren auf IE3 getrimmt, damit sie passend anstelle der alten Motoren installiert werden können.» Das ABB-Werk für Niederspannungsmotoren in Finnland setzte diese Vorgaben zeitgerecht um. Die Motoren sind gewissermassen «Plug & Play» designt

«Um Nachhaltigkeit mit Verfügbarkeit zu koppeln, rüsten wir die neuen Motoren allesamt mit Smart Sensors von ABB aus», erklärt Künzle. Das sind Sensoren der zweiten Generation, ebenfalls explosionsgeschützt. «Das ist eine Investition, die sich langfristig auszahlen soll. Die technische Lebensdauer eines Elektromotors beträgt rund 30 Jahre. Wobei wir hier noch so manche BBC-Motoren im Einsatz haben, also aus den 1980er-Jahren. Mit den Sensoren halten wir die Alterung der Motoren im Auge und können Eingreifen, ehe Komplikationen auftreten.»

Motorenzustand auf dem Handy checken

Vorderhand passt Künzle die Warn- und Alarmwerte der Sensoren auf den einzelnen Motoren an. «Es macht einen Unterschied, in welcher Umgebung ein Motor installiert ist und welche Maschine konkret er antreibt.» Auch müssen die Fachleute von Swissmill auf den routinemässigen Rundgängen durch die Anlage nun keinen gesonderten Fokus auf die Motoren mehr legen – deren Zustand können sie jederzeit auf dem Bildschirm oder dem Handy abrufen. Wobei sie in der Praxis einen Motor kontrollieren, wenn ihnen der Sensor eine Warnmeldung schickt.

98 Prozent der Schweizer Bevölkerung essen Brot und weitere Backwaren. Viele davon täglich oder mehrmals wöchentlich. Ein bedeutender Teil des Mehls dafür produziert Swissmill in Zürich. «So ist es unsere Aufgabe, die Verarbeitung so zuverlässig – und nachhaltig – wie möglich zu gestalten. Die neuen, energieeffizienten und mit Smarten Sensoren überwachten Motoren von ABB sind ein Puzzleteil für unsere Strategie», hält Künzle abschliessend fest.