Industrie | 25. März 2021

Saphir-Linsen im Fokus des Roboters

YuMi bei der Blösch AG in Grenchen

In Endoskopen sind Saphir-Linsen integriert, die zuerst beschichtet werden müssen – eine Kernkompetenz der Blösch AG. Die Handhabung dieser winzigen Teile ist eine monoton-repetitive Tätigkeit. Dafür setzt das Unternehmen nun eine von JAG konzipierte Lösung mit dem Zweiarmroboter YuMi von ABB ein.

Synthetischer Saphir – monokristallines Aluminiumoxid – weist einige bestechende Eigenschaften auf. Es ist eines der härtesten aller transparenten Materialien, nur knapp nach dem Diamanten. Deshalb lässt es sich so gut wie gar nicht zerkratzen. Es ist auch chemisch neutral sowie extrem temperaturbeständig.

Lediglich der sogenannte Brechungsindex von Saphir ist relativ hoch, was zu einer starken Reflexion des einfallenden Lichts führt. Das Aufbringen von Antireflexionsschichten reduziert diesen Effekt deutlich.

Die Blösch AG in Grenchen ist Spezialistin für Beschichtungslösungen, auch im Bereich der medizinischen Geräte. Für Endoskope stattet sie Saphir-Linsen mit lötbaren Schichten und sterilisationsbeständigen optischen Filtern aus.

«Die Handhabung dieser winzig kleinen Linsen ist eine sehr monotone, repetitive Tätigkeit, die dem Personal hohe Konzentration abfordert – mit entsprechenden Ermüdungserscheinungen», erklärt Olivier Coddet, Leiter der Abteilung Medical Devices bei der Blösch AG. Die Mitarbeitenden sollen sich auf wertschöpfendere Arbeiten konzentrieren können. «Wir beauftragten deshalb JAG, die aufwendigsten Arbeitsgänge im Handling der Linsen zu automatisieren. » Zumal die Endoskopie insgesamt boomt und es absehbar sei, künftig grössere Produktionsmengen bewältigen zu dürfen.

Das Team der JAG entwickelte eine Lösung mit zwei Zellen. Sie funktionieren unabhängig voneinander, um einen maximal flexiblen Einsatz zu ermöglichen. Die zweite Zelle bereitet die Saphir-Linsen für die Randmetallisierung vor, was das spätere Einlöten in die Endoskope ermöglicht. Dafür müssen sie mit einer Genauigkeit von 5/100 mm ausgerichtet werden. Das erreicht die Anlage von JAG mit der Vermessung durch einen Laserscanner und der finalen Ausrichtung der Linsen mittels einer äusserst feinen Klinge.

Präzise Zuführung der filigranen Linsen

Für die präzise Zuführung der Linsen, die frei von Verunreinigung sein müssen, ist die erste Zelle zuständig. «Für dieses sensible ‹Pick and Place› der winzigen Linsen hatte schon die Blösch AG in einer ersten eigenen Analyse den Zweiarmroboter YuMi von ABB evaluiert», erklärt Eric Comment, Projektleiter seitens JAG. «Unsere eigenen Untersuchungen der Arbeitsabläufe haben bestätigt, dass er mit seinen beiden Armen und der Präzision der Bewegungen perfekt dafür geeignet ist.»

«Mit seinen beiden Armen und der Präzision der Bewegungen ist YuMi perfekt geeignet, die Linsen richtig zu platzieren.»

Die Aufgabe von YuMi: die passgenaue Montage von Saphirlinsen für die anschliessende Vakuumbearbeitung. JAG und Blösch entwickelten dafür eine kameragestützte Softwarelösung, damit YuMi die Positionierung der ungeordnet bereitgestellten Linsen selbst erkennt. Auch die für das Handling nötigen, hochsensiblen Mikrovakuumsauger an den Roboterarmen sind Eigenentwicklungen. Eine integrierte Vorrichtung sorgt für eine leichte laminare Strömung der Luft, was eine Verunreinigung der Linsen durch Staub verhindert. «Die Bewegungen der Roboterarme mussten natürlich äusserst präzise programmiert werden. Das Programmierund Simulationstool ‹RobotStudio› von ABB war dabei eine grosse Hilfe», so Comment.

YuMi ist so in der Lage, annähernd 50 verschiedene Linsenmodelle zu verarbeiten. Diese breite Flexibilität basiert auf einer zentralisierten Verwaltung der Betriebsparameter, die ebenfalls von JAG entwickelt wurde.

Bei manchen Linsenmodellen spielt es eine Rolle, welche Seite oben liegt – analog zu Kontaktlinsen. «Dafür haben wir YuMi so programmiert, dass er die Linse bei Bedarf umdrehen kann, indem er sie von einem Greifarm auf den anderen überträgt», erklärt Comment.

Positives Zwischenfazit
YuMi kann die Linsen schneller als ursprünglich geplant für die Weiterverarbeitung aufbereiten. «Wobei für uns bei Blösch Präzision und Regelmässigkeit in der Montage im Vordergrund stehen», betont Coddet. Beide Zellen arbeiten autonom, aber unter ständiger Fernüberwachung durch das Reinraumpersonal. Im Fall einer Blockade des Verarbeitungsprozesses wird es durch akustische Signale auf die Störung hingewiesen, um sie zu beheben.

«Wir haben YuMi so programmiert, dass er die Linse bei Bedarf umdrehen kann.»

Diese Automationslösung steht nun ein gutes halbes Jahr im Einsatz. Welches Zwischenfazit zieht die Blösch AG? «Wir sind mit der partnerschaftlichen Umsetzung mit JAG und der Integration von YuMi sehr zufrieden», so Coddet. «Für uns ist das ein Automatisierungs-Pilotprojekt. Wir sammeln damit nun weiter Erfahrung und sind zuversichtlich, dass es uns Anregungen für weitere Optimierungen unserer Fertigungsprozesse gibt, damit wir in Zukunft zusätzliche Projekte dieser Art umsetzen können.»

Weitere Infos: robotics@ch.abb.com