Verkehr | 28. April 2021

Vorfahrt für Elektromobilität

Revolution im Nahverkehr

Weniger Emissionen, mehr Energieeffizienz und intelligente Möglichkeiten des Managements – das sind die Versprechen, die die boomende Elektromobilität im Nahverkehr tagtäglich einlöst. Ladeinfrastruktur, Steuerung und Energiespeicher von ABB treiben die Entwicklung voran.

Die Elektromobilität im Nahverkehr nimmt immer mehr Fahrt auf. Viele kommunale Verkehrsunternehmen setzen auf elektrisch angetriebene Busse. Die Vorteile der Elektromobilität für den Nahverkehr im Vergleich zu konventionellen Verkehrslösungen liegen auf der Hand. Der elektrifizierte Verkehr erzeugt lokal keine Emissionen, verursacht weniger Lärm und hat Effizienzvorteile. Insbesondere dann, wenn E-Busse mit Strom aus erneuerbaren Quellen fahren, tragen sie stark zur Verringerung von klimaschädlichen Gasen bei. Der Ausbau der Elektromobilität ist für viele Metropolen der wichtigste Baustein, um die Stickoxidbelastung zu reduzieren und so allgemeine Fahrverbote, beispielsweise für Dieselfahrzeuge, zu vermeiden. Die in Zukunft steigenden CO-Kosten verstärken den Trend zur E-Mobilität im Nahverkehr zusätzlich.

Effizient mit hohem Wirkungsgrad

Elektroantriebe haben konstruktionsbedingt einen besseren Wirkungsgrad und eine höhere Energieeffizienz als Otto- oder Dieselmotoren. Weil Elektroantriebe zudem deutlich weniger Verschleissteile als Verbrennungsmotoren besitzen, haben sie geringere Wartungskosten, was sie zusätzlich attraktiv macht. Prof. Kay W. Axhausen vom Institut für Verkehrsplanung der ETH Zürich rechnet damit, dass sich immer mehr Verkehrsunternehmen für das elektrische System entscheiden werden:«Ich erwarte, dass wir insgesamt eine dynamische Entwicklung erleben werden.»

Umfassendes Portfolio

ABB verfügt über ein umfassendes Portfolio für alle Anforderungen der Elektromobilität. Jochen Horn, Product Marketing Specialist Ladegeräte Nutzfahrzeuge bei ABB Schweiz, beschreibt die Bandbreite: «Unsere Lösungen reichen beim Laden von der privaten Wechselstrom-Wallbox bis zu sehr leistungsstarken Gleichstrom-Ladestationen für den professionellen Einsatz. Zudem beherrscht ABB die Mittel- und Niederspannungsanbindung, und mit ABB OPTIMAX steht eine intelligente Steuerung des Betriebs zur Verfügung.» Und seit Ende 2019 fertigt ABB ausserdem Batteriemodule für die nachhaltige Mobilität.

Depotladen und OppCharge

Beim Laden von elektrisch angetriebenen Nahverkehrsbussen unterscheidet man zwei Strategien: Depotladen und Opportunity Charging, kurz OppCharge. «Das Depotladen geschieht meist über Nacht – mit einer Netzanschlussleistung von 3 MW können 20 E-Busse bei typischen Ladeleistungen von 100 bis 150 kW in weniger als 4 Stunden vollgeladen werden», sagt Jochen Horn. Beim Prinzip OppCharge werden die E-Busse unterwegs an strategisch günstigen Haltepunkten nachgeladen. Das geschieht ungefähr alle 20 bis 30 km bei Ladeleistungen von bis zu 600 kW innerhalb von 5 bis 15 Minuten. Die Verbindung erfolgt mit einem automatisierten Pantografen, der entweder über der Fahrspur an der Ladestation (Panto down) oder auf dem Busdach (Panto up) montiert ist.

Intelligente Steuerung

Neben der Ladeinfrastruktur sind die Steuerung des Betriebs und «Value-added Services», also Leistungen, die zusätzlichen Wert schaffen, wichtige Aspekte der Elektromobilität. Zwar geniesst das Laden der Traktionsbatterie immer Priorität, aber wenn im Depot noch Zeit am Netzstrom zur Verfügung steht, können nach der Batterie weitere Bedarfe gedeckt werden. Eine Steuerung wie ABB OPTIMAX kann die E-Busse morgens vorkonditioniert nach Fahrplan bereitstellen, also beispielsweise den Innenraum mit Strom aus der Steckdose auf Wunschtemperatur bringen oder die Bremsdruckluft aufbauen – ohne dafür die wertvolle Akkuladung zu verbrauchen.

Batterie-Trolleys für Zürich

Ein weiteres innovatives E-Bus-System besteht in der Ausrüstung von Trolleybussen mit Traktionsbatterien, damit sie auch Streckenabschnitte ohne Oberleitungen bedienen können. So haben auf der Linie 83 in Zürich im vergangenen Jahr acht Batterie-Trolleybusse mit energieeffizienten Antriebstechnologien und Energiespeichersystemen von ABB die bisherigen Dieselbusse abgelöst. Damit sparen die Verkehrsbetriebe Zürich jährlich über 200 000 l Diesel und rund 540 t CO₂ ein.

Mit den Batterie-Trolleybussen sparen die Verkehrsbetriebe Zürich jährlich über 200 000 l Diesel und rund 540 t CO₂ ein.

Auf der Teilstrecke zwischen Milchbuck und Hardplatz verläuft die Linie 83 unter bestehenden Fahrleitungen der Trolleybuslinie 72. Die weitere, oberleitungslose Strecke bis Bahnhof Altstetten und zurück fahren die Busse im Batteriebetrieb. Die Busse werden von Traktionsumrichtern und Elektromotoren von ABB angetrieben und verfügen über Energiespeicher, die ABB in Baden fertigt. Dieser Energiespeicher ermöglicht zudem 100 % regeneratives Bremsen, dadurch sind Einsparungen von bis zu 15 % Energie im Vergleich zu konventionellen Trolleybussen möglich. In Zürich hat ABB auch die Ladeinfrastruktur für die Shuttlebusse beigesteuert, die zwei Standorte der ETH verbinden.

Batteriebusse für Bern

In Bern sind seit Dezember 2018 auf der Linie 17 des Stadtbusnetzes von BERNMOBIL Elektrobusse unterwegs. Der Pilotbetrieb dieser vollständig elektrifizieren Linie ist vorerst auf vier Jahre ausgelegt. Es sind die ersten Busse in der Schweiz, die das Ladekonzept Opportunity Charging nutzen: Sie fahren die gesamte Strecke von Köniz bis Bern Hauptbahnhof und zurück rein elektrisch und ohne Oberleitung. Ihre Batterien laden sie jeweils innerhalb von rund fünf Minuten während des fahrplanmässigen Halts an der Endstation Köniz Weiermatt über eine ABB-Schnellladestation mit einer Leistung von 450 kW auf.

In Baden produziert ABB seit 2019 standardisierte Batteriemodule, die in leistungsfähigen Energiespeichern verbaut werden.

Die fünf im Einsatz befindlichen Elektrobusse des Schweizer Fahrzeugherstellers HESS aus dem solothurnischen Bellach sind mit Antriebspaketen von ABB ausgerüstet: je zwei Permanentmagnetelektromotoren und ein Traktionsumrichter des Typs CC200, Letzterer entwickelt und montiert am ABB-Standort im aargauischen Turgi. Im Vergleich zu den zuvor eingesetzten Gas- und Hybridbussen kann BERNMOBIL durch die vollständige Elektrifizierung dieser Linie den CO₂-Ausstoss jährlich um rund 500 t reduzieren.

Erfahren Sie im Video, wie die ABB-Komplettlösung für ein Busdepot funktioniert:

Eines der jüngsten Beispiele für die Ladeinfrastruktur von ABB im Nahverkehr ist zudem seit wenigen Monaten bei der Stuttgarter Strassenbahnen AG (SSB) in Betrieb. In Zusammenarbeit mit dem Generalunternehmer DB Energie hat ABB der SSB zum Einstieg in die Elektromobilität zunächst drei Heavy Vehicle Charger (HVC) mit 150 kW Ladeleistung geliefert, die jeweils zwei Depot boxen versorgen.

Batteriemodulproduktion in Baden

Leistungsfähige Energiespeicher sind die Grundvoraussetzung für den Betrieb von Elektrobussen. Am Standort Baden betreibt ABB seit Oktober 2019 eine hochmoderne, robotergestützte Produktion von standardisierten Batteriemodulen. Die Batteriemodule bilden das Herzstück des BORDLINE ESS (Energy Storage System) von ABB. An diese Batteriesysteme werden höhere Anforderungen gestellt als an Batterien in privaten Elektroautos. Sie haben im Schnitt eine zwölfmal längere Betriebszeit täglich zu bewältigen und sollten eine rund 20-mal höhere technische Lebensdauer aufweisen. Die ersten BORDLINE ESS werden von Arriva Nederland in dieselelektrischen Zügen von Stadler eingesetzt. Dank der gespeicherten Energie in den Batterien können die Dieselmotoren im Bahnhofsbereich ausgeschaltet werden, was Lärm- und Schadstoffemissionen reduziert.

Weitere Infos:

jochen.horn@ch.abb.com

motors.drives@ch.abb.com