Industrie | 4. September 2023

ABB-Antriebe fĂĽr die 90-Tonnen-Kehrichtkrane

Brun Marti Dytan nutzt Frequenzumrichter und Motoren von ABB für ihre bislang grössten Krane

Brun Marti Dytan hat den Auftrag für die Kehrichtkrananlagen im KEBAG-Neubau in Zuchwil gewonnen. Beim Antrieb für die Krane in einer der grössten Kehrichtverwertungsanlagen unseres Landes setzt der Schweizer Markführer auf Lösungen von ABB.

Die installierte Basis von Brun Marti Dytan beläuft sich auf stolze 12’000 Krane. Damit ist die im luzernischen Nebikon ansässige Firma mit rund 80 Mitarbeitenden Schweizer MarktfĂĽhrer bei Lauf- und Hallenkranen, eingesetzt in den Bereichen Logistik, Industrie, in Kehrichtverbrennungen und in Kraftwerken. Bald werden zwei besondere Kransysteme hinzukommen – die bislang technologisch leistungsfähigsten, die das Traditionsunternehmen je gefertigt hat.

Spezial-Kransysteme werden vor Ort entwickelt und konstruiert

Brun Marti Dytan ist der exklusive Vertriebspartner für die Kran- und Hebelösungen der deutschen ABUS Kransysteme GmbH in der Schweiz und in Liechtenstein. Doch Spezial-Kransysteme entwickelt und konstruiert das Schweizer Unternehmen, das 2016 aus einer Übernahme von Brun durch Marti Dytan hervorging, selbst in Nebikon.

«Für die Antriebe unserer Spezial-Kransysteme setzen wir aus Erfahrung auf ABB.»

«Diese spezifisch auf die spezifischen Kundenanforderungen hin konstruierten Grossanlagen sind absolutes Projektgeschäft, anspruchsvoll für ein KMU wie unseres», erklärt Geschäftsführer Ernst Frutiger. «Dafür brauchen wir verlässliche Partner. Für die Antriebe setzen wir dabei aus Erfahrung auf ABB.» Wichtig seien dabei auch designierte Ansprechpersonen für die Elektrotechnik, sowohl bei der Planung wie auch bei der Fertigung und später in der Inbetriebsetzung.

FĂĽr Neubau der solothurnischen KVA bestimmt

Die beiden riesigen Spezialkrane werden derzeit in Nebikon gefertigt und sind für den Neubau KEBAG Enova im solothurnischen Zuchwil bestimmt. Dieser wird die zweitgrösste KVA der Schweiz ersetzen, die hier seit 50 Jahren in Betrieb ist. Diese Neuanlage ist ein Grossprojekt mit einer Investitionssumme von rund einer halben Milliarde Franken.

Ernst Frutiger (links) und Markus Bruder im Gespräch vor einem ACS 880, der in Nebikon für das Kransystem parametriert wird.

Gross sind auch die Anforderungen an die Krananlagen in diesem Generationenprojekt. «Jeder der beiden Greifer wird mit einem einzigen Griff bis zu sechs Tonnen Kehricht aufnehmen und den Öfen zuführen», erklärt Frutiger. Die riesigen Greifer selbst sind über acht Tonnen schwer. Sie werden mit einer Hubgeschwindigkeit von bis zu 2 Metern pro Sekunde bewegt.

Spannweite 33 Meter, Fahrbahnlänge 70 Meter

Ein kompletter Laufkran für KEBAG Enova mit einer Spannweite von 33 Metern und einer Fahrbahnlänge von 70 Metern bringt es auf ein Gewicht von 90 Tonnen. Ein Kran besteht aus drei Achsen: Kranfahrwerk und Katzfahrwerk ermöglichen die Verschiebung auf den beiden horizontalen Achsen, das Hubwerk in der vertikalen – beim Hubwerk für KEBAG mit einer Hubhöhe von annähernd 40 Metern.

Diese Dimensionen und Geschwindigkeiten lassen erahnen, wie leistungsfähig der Antrieb sein muss. «Dazu legt der Kunde Wert auf höchste Verfügbarkeit und Energieeffizienz der Anlage», so Frutiger.

Redundanter Antrieb fĂĽr maximale VerfĂĽgbarkeit

Deshalb werden pro Kran gleich zwei ACS 880 Multidrive-Frequenzumrichter von ABB mit eingebauter Kranregelungssoftware die Motoren der Achsen antreiben. Bei einem Ausfall eines Frequenzumrichters oder Motors lässt sich aufgrund der Antriebsredundanz der Kran innerhalb kurzer Zeit entpannen, um den Betrieb mit dem zweiten Kran aufrechtzuerhalten. Damit wird die Verfügbarkeit der Kransysteme maximiert.

«Dieses KVA wird der grösste Stromproduzent der Region sein. Da ist es dem Kunden wichtig, die Kontinuität zu gewährleisten», erklärt Frutiger den redundanten Aufbau. In der KEBAG werden die Abfälle von ĂĽber 500’000 Einwohnerinnen und Einwohnern aus 178 Gemeinden der Kantone Solothurn und Bern verwertet.

Je zwei ABB-Motoren mit 200 Kilowatt Leistung 

In den Hubwerken der beiden Krane sind jeweils zwei ABB-Elektromotoren mit einer Leistung von je 200 Kilowatt installiert, um die gewaltige Hublast zu bewältigen: «Dafür konnten wir – auf Wunsch des Endkunden – Motoren der hohen Effizienzklasse IE4 liefern», so Markus Bruder, Verkaufsingenieur OEM & System Integration des Geschäftsbereichs Antriebstechnik von ABB Schweiz.

«Und es sind Motoren des Typs M3BP; besonders robuste Elektromotoren, die für den anspruchsvollen Einsatz bei rauen Bedingungen wie in einer KVA optimiert sind.»

Einer der leistungsfähigen, energieeffizienten ABB-Motoren für die Hubwerke der Kehrichtkrane.

Mit Rekuperation bis zu 30 Prozent Energie zurĂĽckgewinnen

Die ACS880 Multidrive-Frequenzumrichter sind rückspeisefähig – auch das eine Anforderung des Endkunden. «Mit einer Traglast am Hubwerk von bis zu 17 Tonnen lässt sich beim Abbremsen der Achsen viel Energie zurückgewinnen», sagt Frutiger. Die Rekuperationsrate dürfte sich auf bis zu 30 Prozent belaufen.

«Mit einer Traglast am Hubwerk von bis zu 17 Tonnen lässt sich beim Abbremsen der Achsen viel Energie zurückgewinnen.»

Im Juli wurden die Multidrives für die Kehrrichtkrane mit Unterstützung eines ABB-Experten in Nebikon parametrisiert. Die Schaltschränke dafür lieferte ABB montiert, sie müssen nur noch angeschlossen werden. Für den September ist die Einhebung der Krane vorgesehen, nach der Überdachung und Fertigstellung der Bauarbeiten dann die Inbetriebsetzung der Krane später im Laufe des Jahres 2024. Die Inbetriebnahme der neuen Kehrichtverwertungsanalage ist auf Anfang 2025 vorgesehen.