| 22. April 2014

Zuverlässige Schalter für Nant de Drance

Hochstromsysteme und Transformatoren für sicheren Betrieb im neuen Pumpspeicherkraftwerk

Im neuen Pumpspeicherkraftwerk Nant de Drance im Wallis sorgen sechs Hochstromsysteme und Transformatoren für einen sicheren und energieeffizienten Betrieb. Die Anlage wird von 2018 an mit einer Leistung von 900 MW jährlich rund 2500 Millionen kWh Strom produzieren.

Es ist eines der derzeit grössten Bauwerke der Schweiz: das neue Pumpspeicherkraftwerk Nant de Drance an der schweizerisch-französischen Grenze zwischen Martigny und Chamonix im Wallis. Ganze zwei Milliarden Franken steckt die Betreiberin, die Nant de Drance SA, mit ihren Partnern Alpiq, SBB, Industrielle Werke Basel IWB und der Walliser Elektrizitätsgesellschaft FMV bis 2018 in den Bau des Kraftwerkes. Zum einen wird die bestehende Mauer des oberen Stausees um 20 m erhöht. Zum anderen wird derzeit eine neue, unterirdische Kaverne tief unter dem Stausee aus dem Fels gehauen. So gross wie eine Kathedrale soll sie von 2018 an die gesamten elektrischen Maschinen für die Stromproduktion beherbergen. Die sechs 150-MW-Francis-Pumpturbinengruppen werden eine Gesamtleistung von 900 MW erzielen. Damit wird das Pumpspeicherkraftwerk jährlich rund 2500 Millionen kWh Strom produzieren. So leistet Nant de Drance einen wichtigen Beitrag zur Deckung des steigenden Bedarfs an Regelenergie und damit zur Versorgungssicherheit der Schweiz.

Das Kraftwerk trägt ebenfalls zur Stabilität des Stromnetzes bei. Es kann binnen weniger Minuten Spitzenstrom ins Netz einspeisen, um die unregelmässige Stromerzeugung aus erneuerbaren Energien auszugleichen. Zudem ist es in der Lage, überschüssige Energie in Form von Wasser zu speichern. Dabei nutzt das Pumpspeicherwerk das bestehende Gefälle über die 425 m hohen Vertikalschächte zwischen den beiden Staubecken. Im Generatorbetrieb wird über eine Turbine Strom erzeugt, im Pumpbetrieb Energie zur Speicherung wieder in den See hochgepumpt.

Zuverlässiges Hochstromsystem

An diesem Prozess ist auch ABB-Technologie beteiligt: Ein äusserst leistungsstarkes und zuverlässiges Hochstromsystem sowie ABB-Transformatoren mit einem gesamten Bestellvolumen von rund 35 Millionen Franken tragen dazu bei, dass die Anlage möglichst effizient betrieben werden kann. Die sechs Generatorschalter sowie die entsprechenden Ableitungssysteme zu den sechs 175 MVA-Transformatoren hin bilden dabei eine Art «Schutzschalter» und müssen bei einem allfälligen Kurzschluss den Strom innerhalb von 70 Millisekunden abschalten, damit es in der Kaverne nicht zu grösseren Schäden kommt. Gleichzeitig wird das System samt Trennschalter immer dann beansprucht, wenn das Kraftwerk vom Generator- in den Pumpbetrieb wechselt oder umgekehrt. Bis zu 2000 Mal im Jahr kommt es zu solchen Schaltungen und Nennstromabschaltungen.

Die Belastung für die Generatorschalter ist bei diesen Leistungen und Schaltspielen sehr hoch. «Unser HECPS-3S wurde jedoch speziell für Pumpspeicheranwendungen entwickelt und hat sich auf dem Markt sehr gut bewährt. Das gleiche System ist auch im anderen neuen Schweizer Pumpspeicherkraftwerk Linth-Limmern im Einsatz», erklärt Branko Knezevic, Verlaufsleiter ABB Schweiz für Generatorschalterlösungen in Oerlikon. Letztlich hätten die hohe Produktqualität, die Zuverlässigkeit und das gute Serviceangebot beim Kunden den Ausschlag gegeben.

Trotzdem haben beide Applikationen einen gewissen Pioniercharakter für die Schweiz. Sind in Pumpspeicherkraftwerken sonst meist Synchronmaschinen als Generator/Motor im Einsatz, werden hier aus Effizienzgründen erstmals Asynchronmaschinen installiert. «Das hat auch Auswirkungen auf das Hochstromsystem: Die Brems- und Anfahrschalter müssen für andere Frequenz- und Strombedingungen ausgelegt werden. Das mussten wir zusammen mit dem Hersteller der Asynchronmaschinen erst analysieren», erläutert Knezevic.

Der Generatorschalter für Nant de Drance im CAD-Modell.

Schwierige Lieferung

Bei den energieeffizienten Trafos, die den erzeugten Strom dann auf die richtige Spannung für die Netzeinspeisung transformieren, wird eher das Gewicht und die Grösse eine Herausforderung. «Wir müssen genau planen, wie wir die 170 t schweren Transformatoren aus Bad Honnef in Deutschland über die engen Passstrassen in die Felskaverne transportieren», erklärt Roland Hasler, Market Manager Transformatoren in Baden. Noch hat er Zeit: Der erste der sechs grossen Trafos muss 2016 geliefert werden. Von 2018 an muss dann alles zuverlässig und sicher im Kraftwerk laufen.

Wichtige Hydroprojekte

Der Hydrobereich ist für ABB ein wichtiges Tätigkeitsfeld. ABB Schweiz beliefert für insgesamt 120 Millionen Franken das neue Pumpspeicherkraftwerk Linth-Limmern mit stromeffizienten Trafos, Mittelspannungsanlagen, Instrumentierungen, Prozessleitsystemen und einer gasisolierten 380-kV-Schaltanlage. Im Grimsel 2 ist der weltweit grösste Frequenzumrichter (100-MVA) in einer Hydroanwendung installiert, der für einen leistungsvariablen Pumpbetrieb und eine höhere operative Rentabilität sorgt. Zudem liefert ABB Schweiz die Eigenbedarfs- und Notstromanlagen, die Trafos und erneuert die Freiluftanlagen bei der Gesamterneuerung der Kraftwerke Hinterrhein AG.