Nachhaltigkeit | 5. Februar 2024

Nachhaltigkeit bei ABB Schweiz – Interview mit Kaja Kristensen

Wie sieht die Nachhaltigkeitsagenda von ABB Schweiz aus und welche konkreten Massnahmen setzt ABB Schweiz um? Kaja Kristensen, Country Environmental Specialist bei ABB Schweiz, beantwortet die wichtigsten Fragen.

Kaja Kristensen, du bist Country Environmental Specialist bei ABB Schweiz – was bedeutet diese Funktion für deine Arbeit und für das Unternehmen?

Kurz gesagt bin ich interne «Umwelt-Beraterin». ABB hat eine globale Nachhaltigkeitsagenda definiert, welche ABB Schweiz anhand einer Roadmap umsetzt. Ich unterstütze unsere Standorte bei der Umsetzung der Agenda, koordiniere Umweltdaten sowohl intern als auch extern und erarbeite Massnahmen, um die Nachhaltigkeitsziele zu erreichen. Ich biete den Divisionen somit das Know-How und Controlling der Daten an und bin auch für Umweltbehörden Ansprechperson für ABB Schweiz.

«Der Net Zero-Ansatz steht für effektive Emissionsreduktionen statt Kompensationen.»

Ende 2023 hat ABB neue Nachhaltigkeitsziele definiert. Was hat sich geändert?

ABB verstärkt mit den neuen Zielen ihren Fokus auf die Reduktion der Treibhausgasemissionen. Die Ziele orientieren sich neu am Begriff «net zero» mit dem Ziel, alle direkten und indirekten Emissionen aus eigener Kraft zu reduzieren.

Die wichtigsten Ziele in der Ăśbersicht:
Scope 1 und 2 (auf Basis 2019):
80 % Reduktion der Treibhausgasemissionen bis 2030 und 100 % bis 2050

Scope 3 (auf Basis 2022):
25 % Reduktion der Treibhausgasemissionen bis 2030 und 90 % bis 2050

ABB hat bereits von SBTi bestätigte Ziele und hat im vergangenen Jahr ambitioniertere Net-Zero Ziele eingereicht. Diese Nachhaltigkeitsziele sind aktuell bei der Science Based Targets initiative (SBTi) in Validierung und ABB erwartet deren Bestätigung im laufenden Jahr 2024. SBTi stellt eine Plattform zur Verfügung, die es Unternehmen ermöglicht, Reduktionsziele zu veröffentlichen und zu vergleichen. Die Plattform bietet die Möglichkeit, anhand einheitlicher Kriterien zu prüfen, ob die Reduktionsziele dem Ziel des Pariser Abkommens entsprechen. Um Missverständnisse zu vermeiden haben wir unser Wording dem neusten Standard angepasst und unsere Ziele bis 2050 erweitert. Denn der Net Zero-Ansatz steht für effektive Emissionsreduktionen statt Kompensationen (Zertifikate, CO2-Absorption etc.).

Wie setzt ABB Schweiz diese Strategie konkret um?

In einer Roadmap hat ABB Schweiz Massnahmen definiert, wie wir unsere Treibhausgasemissionen reduzieren und somit die Ziele in der Schweiz erreichen können. Der erste wichtigste Schritt war und ist noch immer, mit unserem Energiemanagementsystem Transparenz über den eigenen Energieverbrauch zu haben. Aufgrund der Auswertungen des Systems fokussieren wir uns in der Roadmap auf die Bereiche Energiebeschaffung, Energieeffizienz und Fahrzeugflotte – dort können wir sowohl kurz- bis langfristig die grössten Effekte bei der Reduktion der eigenen Emissionen erzielen.

Werfen wir einen Blick zurück, was hat ABB Schweiz in Sachen ökologischer Nachhaltigkeit bis anhin unternommen?

Bei der Energiebeschaffung versuchen wir Schritt für Schritt, von den fossilen Energieträgern wegzukommen. Wir nutzen beispielsweise 100 % Grünstrom mit Herkunftsnachweis und wechseln auch beim Heizen auf klimafreundlichere Energieträger. In Dättwil wechselten wir von einer Gasheizung zu einer Holzschnitzelheizung. Am Standort Schaffhausen haben wir unseren heizungsbedingten Gasverbrauch durch den Einsatz einer Wärmepumpe drastisch reduziert. Im Bereich Energieeffizienz sind wir dabei, den Standby-Verbrauch zu eliminieren, indem Lüftung, Licht und Heizung mit modernsten und hocheffizienten Antriebssystemen gesteuert und an Wochenenden oder nutzungsarmen Zeiten runtergefahren werden. Das beste und aktuellste Beispiel ist unser neues Multifunktionsgebäude in Untersiggenthal, wo eine Reihe ökologischer Massnahmen sowohl beim Bau als auch beim Betrieb berücksichtigt wurden. Der letzte Bereich, die Fahrzeugflotte, ist rasch erklärt: Wir stellen unsere Flotte mit Auslaufen der Leasingverträge Schritt für Schritt auf rein vollelektrische Fahrzeuge um.

Zentral ist also, den Wechsel auf erneuerbare Energie voranzutreiben und Energie effizienter zu nutzen… Wie nutzt ABB Stand heute überhaupt Energie und wie sieht dabei das Verhältnis von fossilen zu erneuerbaren Energieträgern aus?

Um unsere Ziele zu erreichen zu erreichen, müssen wir CO2-emittierende Energieträger mit neutraleren ersetzen. Die bestmögliche Alternative bietet die Nutzung von Strom, welcher mit erneuerbaren Energien wie Wasser, Wind und Sonne erzeugt wird. Aktuell bezieht ABB Schweiz zu 100 % nachgewiesenen Wasserstrom. Öl und Gas sind bei ABB Schweiz noch als Heizenergie im Einsatz. Davon wollen wir wegkommen. Das erweist sich je nach Prozess aber als nicht ganz trivial und erfordert gründliche Planung. Aktuell nutzen wir etwa 70 Prozent erneuerbare und 30 Prozent fossile Energie im eigenen Betrieb. Jedoch sinken die 30 Prozent durch bereits laufende Projekte, wo wir die Umstellung auf erneuerbare Energie vorantreiben. Die Erhöhung der Energieeffizienz im eigenen Betrieb wiederum bedeutet, bestehende Prozesse und Infrastrukturen wie Heizungen und Lüftungen zu prüfen und an den aktuellen Bedarf anzupassen. Dies haben wir an bestimmten Standorten gemacht, weitere Standorte sind in der Umsetzung.

Reichen diese Massnahmen denn aus, um die Ziele zu erreichen?

Wir sind auf bestem Weg, die Ziele bei Scope 1 & 2 zu erreichen. Seit 2019 konnten wir unseren CO2-Ausstoss mehr als halbieren. Ein grosser Teil unserer Emissionen ist heute noch auf unsere Fahrzeugflotte zurückzuführen. Diese wird jedoch bis spätestens 2030 komplett elektrisch sein. Zu Scope 3 berichtet ABB nur auf Konzernstufe.

«Nachhaltigkeit benötigt bei ABB Schweiz nicht viel Überzeugungsarbeit, sie wird von den Mitarbeitenden stark gelebt und getragen.»

Oftmals stellen Investitionskosten bei Nachhaltigkeitsmassnahmen eine HĂĽrde dar. Welche Herausforderungen stellen sich ABB Schweiz auf dem Weg zur Erreichung der Nachhaltigkeitsziele?

Dass es Investitionen braucht, sei es in mehr erneuerbare Energie oder technologische Erneuerungen in Gebäuden, steht ausser Frage. Das ist auch bei uns der Fall. Eine Erhöhung der Energieeffizienz bedeutet aber auch Geld einsparen. Eine Herausforderung liegt darin, die richtigen Hebel anzusetzen, um möglichst grosse Effekte zu erzielen. Eine praktische 10-Schritte-Anleitung bietet da beispielsweise die Energieeffizienzinitiative, die ABB vor wenigen Jahren ins Leben gerufen hatte. Bei der Steigerung der Energieeffizienz kommt uns als Unternehmen entgegen, dass wir viele Lösungen selbst entwickeln und Nachhaltigkeit im Zentrum unseres Unternehmenszwecks ist. Nachhaltigkeit benötigt bei ABB Schweiz nicht viel Überzeugungsarbeit, sie wird von den Mitarbeitenden stark gelebt und getragen.

Inwiefern involviert ABB Schweiz die Mitarbeitenden beim Thema Nachhaltigkeit und Energieeffizienz? Wie werden dann die Mitarbeitenden involviert?

Da gibt zwei Aspekte, nämlich «Awareness» und «Anreize» schaffen. Energie wird teurer, es liegt also im Interesse von ABB Schweiz, weniger Energie zu brauchen. Insofern gibt es Awareness-Aktionen, aber auch darüber hinaus beispielsweise Workshops oder Arbeitsgruppen, wo wir sowohl sensibilisieren als auch gemeinsam Ideen und Nachhaltigkeitsmassnahmen erarbeiten.

Andererseits unterstützen wir unsere Mitarbeitenden auch finanziell beispielsweise mit dem Ökobonus, wenn sie den Öffentlichen Verkehr nutzen, oder stellen die Infrastruktur für E-Mobilität (Ladestationen für E-Bikes und Autos) zur Verfügung.