Nachhaltigkeit | 5. Februar 2024

Wie ABB-Lösungen Unternehmen nachhaltiger machen – Interview mit Bernhard Caviezel

Wie können Schweizer Unternehmen mit einfachen Schritten ihre Treibhausgasemissionen reduzieren und die Energieeffizienz steigern? Und welchen Beitrag leisten dabei Technologien und Lösungen von ABB? Im Interview beantwortet Bernhard Caviezel die wichtigsten Fragen.

Bernhard Caviezel, du bist Product Marketing Director bei der Geschäftseinheit Electrification, seit über 30 Jahren bei ABB Schweiz und kennst den Schweizer Markt in- und auswendig. Sehr allgemeine Frage zum Start: Sind Schweizer Unternehmen nachhaltig unterwegs?

Im internationalen Vergleich stehen Schweizer Unternehmen gut da. Die Schweiz hat eine hohe Recyclingquote und auch der Wechsel auf erneuerbare Energie nimmt eine immer wichtigere Rolle für Schweizer Unternehmen ein. Doch beim Gebäudepark gibt es definitiv Luft nach oben. Wollen wir unsere Klimaziele in der Schweiz erreichen, müssen wir den Energieverbrauch in unseren Gebäuden optimieren – und zwar so schnell und effektiv wie möglich.

«Die sauberste Energie ist jene, die gar nicht erst produziert werden muss.»

Die Schweiz hat vor kurzem ein deutliches Zeichen für mehr Klimaschutz gesetzt, Bund, Kantone, Unternehmen sowie Privatpersonen sind alle gleich gefordert. Wo siehst du das grösste Potenzial für Unternehmen, dies zu tun?

Die sauberste Energie ist jene, die gar nicht erst produziert werden muss. Das bedeutet für Unternehmen in erster Linie, Energie effizienter zu nutzen. Eine Lösung nach dem Prinzip «one-size-fits-all» gibt es nicht, da mit gewissen Ausnahmen praktisch jedes Gebäude und dessen Energieverbrauch individuell beurteilt werden muss. Ganz allgemein stellen wir aber schon fest, dass im Bereich Elektro, Heizung, Lüftung und Klima grosses Optimierungspotenzial besteht – schon nur, wenn beispielsweise der Standby-Verbrauch gewisser Systeme verbessert wird. Aber auch der Einsatz von Motoren kann ausschlaggebend sein bezüglich Energieverbrauch. Nutzt man heute korrekt dimensionierte Motoren und vor allem im Zusammenspiel mit Umrichtern, kann die Energieeffizienz deutlich erhöht werden.

Welche Herausforderungen hindern denn Unternehmen daran, schneller und aktiver Massnahmen zu ergreifen, um energieeffizienter zu werden und den CO2-Ausstoss zu reduzieren?

Viele Unternehmen haben die richtige Intention, folgen vielleicht auch bereits einer Nachhaltigkeitsstrategie und wollen ihren Energieverbrauch optimieren. Oftmals fehlt aber schlicht die Transparenz über den eigenen Energieverbrauch und das Wissen, wo sie bei der Optimierung ansetzen sollen. Dazu kommt, dass Massnahmen in der Regel mit Investitionskosten verbunden sind. Wenn für ein Unternehmen nicht klar ersichtlich ist, welchen Effekt die Massnahmen bewirken, der «Return on Investment» also nicht deutlich zu erkennen ist, zögern sie verständlicherweise.

Wo und wie kann ABB Schweiz bei diesen Herausforderungen ansetzen und Firmen einen Mehrwert bieten?

Wir setzen mit einer klaren Methodik bei diesen Painpoints an. Der erste Schritt ist es, Transparenz zu schaffen. Das heisst, anhand unseres «Building Analyzers» den Energieverbrauch sichtbar zu machen. Dieser wichtige Schritt ermöglicht uns, eine Übersicht über die verschiedenen Energieverbraucher zu erstellen und jene Bereiche zu priorisieren, welche bei einer Optimierung den grössten Effekt erzielen. Gemeinsam mit den Kunden definieren wir die Handlungsfelder und zeigen die möglichen technischen Lösungen auf. Nach der Umsetzung der Massnahmen analysieren wir das Ergebnis und validieren, ob die geplanten Resultate erreicht wurden, oder eine Nachbesserung notwendig ist. Die Validierung erfolgt wiederum mit Messungen, und so schliessen wir methodisch den Kreis. Die Herangehensweise ist also viel mehr ein Zyklus als ein einmaliger Ablauf, der es ermöglicht, mit Transparenz und Priorisierung individuelle und effektive Massnahmen umzusetzen.

Die Methodik der Mission to zero ermöglicht es, mit einfachen Schritten einen grossen Effekt auf dem Weg zu mehr Energieeffizienz zu erzielen.

Du hast es selbst angesprochen – einer der grössten Painpoints von Unternehmen ist der Return on Investment. Für viele scheinen nachhaltigkeitsfördernde Investitionen schlicht zu teuer…

Genau deshalb ist die Priorisierung so zentral. Wichtig ist nicht, gleich alles auf einen Schlag zu optimieren, sondern einen ersten Schritt zu machen. Hier hilft unser Rapid Energy Review, mit welchem wir den Energieverbrauch von Gebäuden und Anwendungen messen und versteckte Optimierungspotenziale erfassen. Daraus resultiert eine Energy Consumption Matrix, also eine einfache Übersicht, wo am meisten Energie eingespart und der CO2-Ausstoss am stärksten reduziert werden kann. Diese Matrix hilft dabei, den ersten Schritt so effektiv wie möglich zu gestalten und aufzuzeigen, wie sich Nachhaltigkeit über die Zeit rechnet. Bei den energieautarken Häusern in Männedorf zum Beispiel trägt ein Gebäudeautomationssystem von ABB massgeblich zur Energieeffizienz bei. Nach mittlerweile rund drei Jahren zeigt sich, dass sich die Investitionen rechnen.

Für die Investitionskosten möchte man als Unternehmen irgendwann Resultate sehen, sei es weniger Energieverbrauch oder Reduktion von CO2-Ausstoss – welches konkrete Fall-Beispiel mit Kunden von ABB Schweiz würdest du angeben, wenn es um solche Hard Facts geht?

Im Sportzentrum Kerenzerberg ermöglichte ein smartes Gebäudeautomationssystem Energieeinsparungen von rund 80 %. Dieses Projekt wurde von der globalen KNX-Vereinigung mit dem KNX People’s Choice Award prämiert. Die Firma Model AG produziert Papier und hat in einem Retrofit 36 Motoren durch neue und hocheffiziente Motoren ersetzt. Im Zusammenspiel mit den Frequenzumrichtern spart das Unternehmen im Vergleich zu vorher jährlich rund 900’000 Kilowattstunden Energie ein – das entspricht dem Energieverbrauch von 200 Einfamilienhäusern! Das sind nur zwei von vielen Beispielen, doch sie zeigen auf, dass Unternehmen auf lange Sicht ein grosses Interesse daran haben, den Energieverbrauch zu reduzieren und effizienter zu werden – nicht nur hinsichtlich der steigenden Energiepreise.

Du vermutest, dass Nachhaltigkeitsaspekte fĂĽr Unternehmen also immer wichtiger werden in Zukunft?

Ja, auf jeden Fall. Unternehmen werden künftig Mühe haben, Nachhaltigkeit nur als Nebenprodukt zu behandeln. Einerseits gibt es bereits heute gewisse gesetzliche Nachhaltigkeitsanforderungen, die Unternehmen einhalten müssen. Andererseits steht eine Generation in den Startlöchern, die Transparenz und Zurückverfolgbarkeit fordert. Nicht nur potenzielle Fachkräfte legen ihren Fokus verstärkt auf Nachhaltigkeit, sondern auch die kommenden Führungspersonen, Entscheiderinnen und Entscheider.

Setzt ABB Schweiz die Methodik auch selbst um?

Ja, denn ABB verfolgt eine ambitionierte Nachhaltigkeitsagenda. Um deren Ziele zu erreichen, müssen wir mehr erneuerbare Energie nutzen und die Energieeffizienz erhöhen. Auch für uns ist es deshalb unerlässlich, Transparenz über den eigenen Energieverbrauch zu haben. So führten wir an den Standorten Turgi, Baden, Schaffhausen und auch Uster Rapid Energy Reviews durch und hatten dank unseres strukturierten Prozesses innert wenigen Tagen aufschlussreiche Daten vorliegen. Aktuell sind wir dabei, aus den gewonnenen Erkenntnissen die geeigneten Massnahmen umzusetzen. Diese reichen vom optimiertem Standby-Verbrauch bei Beleuchtung, Heizung und Lüftung über technisch komplexere Massnahmen wie Wärmepumpen und verstärkter Nutzung von Abwärme. Ein abgeschlossenes Vorzeigebeispiel ist aber auf jeden Fall der ABB-Standort in Lüdenscheid, der heute 14 % mehr Energie produziert, als er benötigt, und rund 680 Tonnen CO2 einspart.