Interview | 25. April 2015

„Fehlerfrei ans Ziel“

Stefan Bollmeyer im Interview

Wie definieren Sie sichere Kommunikation in der Prozessautomation (PA)?

Bei der sicheren Kommunikation in der Prozessautomation geht es um die hochzuverlässige Übertragung von Prozesssignalen, damit diese nicht verloren gehen, fälschlicherweise wiederholt oder beschädigt werden – das Ganze bei höchster Verfügbarkeit über oft größere Entfernungen hinweg.

 

Welche Informationen müssen Sie sicher übermitteln?

Sobald sicherheitsrelevante Prozessdaten, beispielsweise für die Not-Aus-Funktionen oder die Feuer- und Gasdetektion, zwischen den Prozesseinheiten oder zwischen einem E/A-Gerät und der Recheneinheit kommuniziert werden, kommt die sichere Kommunikation ins Spiel. Anders gesagt: Wenn mechanische Relais und fest verdrahtete Schalter durch Sensoren und intelligente Recheneinheiten ersetzt werden, muss eine Form von sicherer Kommunikation verwendet werden.

 

Welche Risiken müssen Sie möglichst ausschließen?

Im Prinzip muss die sichere Kommunikation nur dafür sorgen, dass sicherheitsgerichtete Meldungen ihr Ziel rechtzeitig erreichen – und das fehlerfrei, vollständig und in der richtigen Reihenfolge. Das hört sich einfach an, doch je nach Art des Übertragungsmediums, des Netzwerks und der Kommunikationsprotokolle steigt die Wahrscheinlichkeit, dass die Meldungen beeinflusst werden, denn die Möglichkeiten zur Entstehung von Fehlern sind vielfältig. Solche Fehler müssen dann erkannt und korrigiert werden.

 

Welche Rolle spielt sichere Kommunikation innerhalb der „Funktionalen Sicherheit“ (FSMS)?

Sichere Kommunikation ist Teil des Sicherheitskreises, der sicherheitsbezogenen Funktion. Um den erwarteten Sicherheitsintegritäts-Level (SIL) der Sicherheitsfunktion zu erreichen, müssen die beteiligten Komponenten zusammen mit der Kommunikation die akzeptierte Fehlerwahrscheinlichkeit einhalten.

 

Welche Produkte und Leistungen bietet ABB für sichere Kommunikation in der PA an?

Das aktuelle Angebot von ABB auf Basis des AC 800M HI Controllers beinhaltet die sichere Kommunikation im Ethernet-basierten Control Network. Im nächsten Schritt wird die aus der Fabrikautomatisierung bekannte Technologie PROFIsafe über PROFINET in die Prozessautomation übertragen, die die Feldgeräte sicher verbindet und eine weitere Verteilung der Sicherheitsfunktionalität in einer Anlage ermöglicht.

 

Inwiefern rechnen sich Investitionen in sichere Kommunikation in der PA wirtschaftlich?

Anwendungen, wie sie beispielsweise die europäische Maschinenrichtlinie oder Umweltschutzanforderungen verlangen, können durch die sichere Kommunikation erfüllt werden. Das wird immer öfter kostengünstiger sein, als die steigende Zahl der sicherheitsbezogenen Signale über Kabel zu übertragen. Offene Standards wie PROFIsafe erhöhen das effiziente Zusammenspiel verschiedener sicherheitsgerichteter Geräte von unterschiedlichen Herstellern.

 

Ein Blick voraus: Welche Aspekte werden die sichere Kommunikation in den kommenden 10 bis 20 Jahren am stärksten beeinflussen?

So wie die sichere Kommunikation sich über die Systemgrenzen hinaus zu Anwendungen auf der Basis verschiedener Übertragungsmedien wie RS485 und Ethernet entwickelt hat, erwarten wir, dass sie auch die Welt der drahtlosen Kommunikation erobern wird.