| 2. August 2016

Wohnen im Haus der Zukunft

In BrĂĽtten wurde das erste energieautarke Mehrfamilienhaus der Welt realisiert

Das erste energieautarke Mehrfamilienhaus der Welt gewinnt die Energie, die seine Bewohner verbrauchen, aus dem Sonnenlicht. Damit zeigt das Pionierprojekt, was mit heutiger Technologie möglich ist.

Brütten, die 2000-Seelen-Gemeinde im Bezirk Winterthur, hat eine Attraktion bekommen: Das erste Mehrfamilienhaus der Welt, das sich zu 100 % selbst mit Energie versorgt. Energie, die die Bewohner – insgesamt neun Familien – zum Heizen, Kochen, Waschen, ja, zum Leben benötigen, wird aus Sonnenlicht vor Ort gewonnen. Möglich machen es bewährte Technologien und Systeme der Energiegewinnung und -speicherung sowie Innovationen, die den Energieverbrauch reduzieren. ABB-Produkte sind wichtige Komponenten im Pioniergebäude.

Eine Stunde Sonnenschein reicht

Laut Roger Balmer, technischer Projektleiter des Pionierprojekts, ist der Energiebedarf der neun Familien fĂĽr 24 Stunden im Sommer schon nach einer Stunde Sonnenschein gedeckt. Im Keller wandeln hierfĂĽr 26 ABB-Solarwechselrichter Gleichspannung aus den Solarmodulen, die Dach und Fassade bedecken, in Wechselspannung um und speisen Strom in das hausinterne Netz ein.

Die Solartechnologie ist heute also ausgereift genug, um ein freistehendes Gebäude mit ausreichend Energie versorgen zu können. Die Herausforderung mit dem heutigen Stand der Technologie ist, eine leistungsstarke, aber trotzdem preiswerte Art der Energiespeicherung zu finden. Im Gebäude wurden darum verschiedene Energiespeicher auf intelligente Weise miteinander kombiniert.

Drei Energiespeicher

Energie aus den Solaranlagen, die nicht sofort von den Bewohnern verbraucht wird, wird für die Nacht, für trübe Tage und für den Winter gespeichert. Dies geschieht über einen Kurzzeit- und einen Langzeitspeicher. Ersterer ist eine Lithium-Eisenphosphat-Batterie in Kleiderschrankgrösse im Keller, die den Energiebedarf von drei bis vier Tagen deckt. Letzterer sind zwei grosse Wassertanks unter der Erdoberfläche. 250 000 l Wasser können bis Ende Herbst auf bis zu 65 °C aufgeheizt werden. Diese thermische Energie wird im Winter zum Heizen eingesetzt.

Zusätzlich wird an warmen und sonnigen Tagen Energie mithilfe des Power-to-Gas-Verfahrens gespeichert. Dabei wird in der Elektrolyse Wasser in Sauerstoff und Wasserstoff aufgespalten. Der Sauerstoff entweicht durch einen Kamin im Garten in die Umgebung. Der Wasserstoff wird gespeichert und im Winter, wenn die Sonne den Energiebedarf der Bewohner nicht zu decken vermag, in einer Brennstoffzelle zur Energiegewinnung verbrannt.

Initiator Walter Schmid, Bundesrätin Doris Leuthard, Architekt René Schmid und der Zürcher Stadtrat Andres Türler anlässlich der Eröffnung im Keller des energieautarken Hauses (v. l.).

Ein intelligentes Zuhause

Wohnen in einem Gebäude ohne Anbindung ans Stromnetz setzt voraus, dass Haushaltsgeräte mit hoher Energieeffizienz arbeiten. Nebst sparsamen Waschmaschinen und Kühlschränken hilft das ABB-free@home-Haussteuerungssystem, den Energieverbrauch der Bewohner möglichst klein zu halten. «ABBfree@home verwandelt Ihre neue Wohnung in ein intelligentes Daheim», erklärte Martin Vontobel, Product Marketing Manager Building Automation Solutions von ABB, der Familie Vogt, die im Juni als erste der insgesamt neun Familien ins energieautarke Haus einzog.

Alles aus mit einem Fingertipp

Verschiedene Funktionalitäten des Haussteuerungssystems dienen der Reduktion des Energieverbrauchs bei gleichzeitiger Komfortsteigerung. Mit dem Goodbye-Taster werden zum Beispiel sämtliche Stand-by-Geräte beim Verlassen der Wohnung mit einem Fingertipp ganz ausgeschaltet. Ausserdem lassen sich sämtliche Lichter und Storen entweder mit konventionellen Schaltern oder per Smartphone oder Tablet steuern.

Zudem lassen sich verschiedene Szenen programmieren – zum Beispiel lässt sich eine gedimmte Dinner-Beleuchtung von einer hellen Lese-Beleuchtung unterscheiden. Das System merkt sich mitunter auch Kombinationen und stellt diese dann automatisch zur Auswahl. Schauen die Bewohner beispielsweise gerne mit gedimmten Lichtern und heruntergelassenen Storen fern, merkt sich das Haussteuerungssystem diese Kombination und stellt sie dann zum Beispiel mit «TV Abend» zur Verfügung. Alle Funktionalitäten können ganz einfach und benutzerfreundlich ein- oder ausgeschaltet bzw. anders konfiguriert werden.

Selbstständige Storen

Dank Fühlern im Aussen- und Innenbereich reagiert die ABB-free@home-Haussteuerung automatisch auf externe Einflüsse. Ist es in der Wohnung im Sommer zu warm und scheint die Sonne zudem an die Scheibe, werden automatisch die Storen zur Beschattung heruntergefahren. Bläst ein starker Wind, der die Storen beschädigen könnte, werden sie wieder hinaufgezogen. Somit garantiert das Haussteuerungssystem nicht nur Sicherheit und Energieeffizienz, sondern maximiert auch den Wohnkomfort. Die Bewohner haben also keinerlei Qualitätseinbussen, weil sie ihren Energieverbrauch tief halten. Und: Da die Haussteuerung vollautomatisch läuft, arbeitet das Gebäude auch dann energieeffizient, wenn niemand zu Hause ist.

Zukunftshaus mit heutiger Technik

Das Pionierprojekt von Brütten setzt neue Massstäbe für den Wohnungsbau der Zukunft. Es beweist, dass viel erreicht, wer mit Wille und Geschick eine Vision verfolgt. Das erste energieautarke Mehrfamilienhaus der Welt wurde am 6. Juni 2016 eingeweiht. Die kommenden Monate werden zeigen, wie es sich im Alltag der Bewohner bewährt.

Weitere Infos: www.umweltarena.ch